Home Staging steckt in Deutschland noch immer in den Kinderschuhen. Während es bei Autos selbstverständlich ist, sie vor dem Verkauf auf Vordermann zu bringen, wird das bei Häusern und Wohnungen nach wie vor häufig vernachlässigt. Dabei kann Home Staging nicht nur den Verkäufern bzw. Vermietern, sondern auch Immobilienmaklern unterm Strich viel Geld und Zeit ersparen.
Interview mit Iris Houghton, Erste Vorsitzende des Berufsverbandes für Home Staging und Redesign, DGHR e. V.
Frau Houghton, warum lohnt sich der Aufwand des Home Stagings?
Klare Antwort: weil es wesentlich mehr bringt, als es kostet. Finanziell und zeitlich. Die DGHR als Berufsverband hat seit dem letzten Jahr eine Statistik, die belegt, dass bei gestageten Immobilien in mehr als 65% der Immobilienverkäufe der Angebotspreis genau erzielt oder sogar übertroffen wurde. Dies ist bei den DGHR Home Stagern bei knapp einem Fünftel der Arbeiten mit erreichten Verkaufspreisen von sogar über 15% über dem Angebotspreis der Fall. Und hier liegt als Bezugsgröße der Angebotspreis nach dem Home Staging zugrunde. Ich betone das, da beim Anblick der hergerichteten gestageten Immobilie in vielen Fällen deutlich nach oben nachgebessert wird.
Und wir sagen immer: Der erste Preisnachlass ist im allgemeinen immer höher als die vollständigen Kosten eines Home Stagings. Es lohnt sich daher so gut wie immer, denn wo kann ein Durchschnittsverkäufer am Ende so schnell so viel mehr Geld in der Hand halten als nach einem Home Staging?
Ist das „Aufhübschen“ nicht eine Trickserei?
Absolut nicht. Es werden weder irgendwelche Mängel verdeckt noch sonst irgendwie getrickst. Der Sinn eines Home Stagings ist, das bestmögliche Potenzial einer Immobilie zu zeigen. Dies wird durch private Einrichtungsstile und -gegenstände oft verdeckt, oder Kaufinteressenten können sich bei zum Beispiel einem Generationsunterschied nicht vorstellen, „im Haus der Oma“ zu wohnen. Home Stager rücken eine Immobilie ins bestmögliche Licht, zeigen aber nicht nur die Schokoladenseite, sondern machen Möglichkeiten für Kaufinteressenten sichtbar.
Obendrein ist Home Staging auch ein erster wichtiger Schritt im Verkaufsprozess, denn durch das Entfernen vieler persönlicher Dinge aus der Immobilie wird es für Interessenten gedanklich möglich, ein wenig einzuziehen, genauso wichtig ist aber auch, dass Verkäufer die Immobilie gedanklich schon ein wenig hergeben und bei möglichen Angeboten dann auch wirklich verkaufen. Hier nehmen wir Home Stager den Maklern einen wichtigen Schritt ab.
Zu guter Letzt springen gestagete Immobilien bei der Suche im Internet sofort ins Auge und erzeugen viel mehr Interesse. Home Staging ist daher einfach nur gute Produktpräsentation oder, wie ein Maklerkollege von Ihnen gerne sagt: die Vorbereitung einer Immobilie für das erste Date mit dem Interessenten. Und zum ersten Date würden Sie ja auch nicht mit dreckiger Kleidung und ungeduscht gehen, sondern eben mit geputzten Zähnen und im besten Outfit.
Ist Home Staging nur für Verkäufe oder auch für Vermietungen sinnvoll?
Generell funktioniert Home Staging bei allen Immobilien, egal ob vermietet oder verkauft werden soll. Allerdings funktioniert es natürlich nur, wenn der Bewohner auch kooperiert und die Immobilie so wie vom Home Stager vorgeschlagen zeigt. Daher funktioniert es bei Vermietungsimmobilien dann hervorragend, wenn es sich entweder um eine unbewohnte Immobilie handelt oder das Home Staging vom Bewohner beauftragt wird, weil dieser zum Beispiel sehr schnell aus dem Mietverhältnis heraus möchte. Lebt noch jemand in der vermieteten Immobilie und ist selber nicht der Besitzer, ist Home Staging nicht sinnvoll.
Was sind ganz allgemein gesprochen die wichtigsten Maßnahmen, die beim Home Staging vorgenommen werden sollten?
Dies ist natürlich sehr individuell. Das Wichtigste ist aber immer, dass das volle Potenzial gezeigt werden kann und die angestrebte Zielgruppe der Käufer angesprochen wird. Normalerweise maximieren wir das Platz- und Lichtgefühl, sorgen dafür, dass die Immobilie gepflegt und sauber ist, gehen aber immer auch auf alle Sinne ein, wie zum Beispiel ein angenehmes Geruchsklima, gute Akustik, und binden den entsprechenden Lebensstil der gewünschten Interessenten bei Möbeln, Farbvorlieben etc. ein.
Wie sehr hat sich Home Staging in Deutschland bereits etabliert?
Es geht voran, aber wir haben natürlich noch Luft nach oben. Den Berufsverband der Home Stager, die DGHR, gibt es seit 2010 und wir haben in dieser Zeit deutlich gemerkt, dass nicht nur viele Immobilienmakler vom Home Staging gehört haben, sondern auch die Privatverkäufer das Wort schon kennen, wenn ein Makler das Thema anspricht. Unsere Mitglieder werden mittlerweile auch mehr und mehr von Privatverkäufern direkt angesprochen. Sollte dies der Fall sein, versuchen wir immer jeden Privatverkäufer an einen mit uns arbeitenden Immobilienmakler zu vermitteln. Wir können als Home Stager schließlich unsere allerbeste Arbeit abliefern, die dann aber verpufft, wenn durch die laienhafte Vermarktung durch eine Privatperson kaum jemand mitbekommt, dass die Immobilie zu verkaufen ist. Unser Erfolg ist also sozusagen von der eigentlichen Verkaufsarbeit abhängig. Und da wissen alle DGHR-Mitglieder ganz klar, dass die nur von einem Profi geleistet werden kann. Wir sehen es daher sozusagen als Verpflichtung an Privatverkäufer an, einen Makler zu vermitteln.
Wie viel Potenzial hat Home Staging hierzulande noch?
Wie sagt man so schön: „The sky is the limit“. Im Ernst, wir sehen ein sehr großes Potenzial in der Zusammenarbeit mit Immobilienmaklern. Für Immobilienmakler ist Home Staging nicht nur ein absoluter Verkaufsturbo sondern auch ein wunderbares Akquisemittel, es hilft bei der Kundenbindung, gibt ihnen einen (noch) besseren Ruf und Spitzenbeurteilungen begeisterter Kunden auf den Portalen, zeigt, dass sie als Profi immer eine Nase voraus sind, und außerdem löst es eventuelle Probleme durch die Vermittlung einer Dienstleistung bei Menschen, die Hilfe benötigen wie, z. B. Erbengemeinschaften, ältere Menschen, oder Menschen, die weiter weg wohnen. (mh)